Als die deutschen Heimatvertriebenenorganisationen das 60-jährige Jubiläum ihrer Charta feierten, sagte Ralph Giordano, die Vertreibung würde in der Charta so dargestellt, als habe sie in einem „historischen Vakuum“ stattgefunden. Dieser Begriff „historisches Vakuum“ trifft jenen verbreiteten Gestus des Erinnerns recht gut, der Kriegsereignisse aus den historischen Ereignissen isoliert und dadurch Schuldfragen und Ursachensuche im besten Falle neutralisiert, im gewöhnlichen verschiebt und verbiegt.
Ein solches Verhältnis prägt auch das Erinnern an die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki. Im nachträglichen Entsetzen über das genozidale Potential dieser Waffe wurde schon jenes Entsetzen über die mit primitivsten Waffen (Hunger, Schläge, Krankheiten, Gas) durchgeführten Massenmorde des Holocaust eher getilgt als erinnert. Die in den folgenden 50 Jahren stattfindenden 2 000 Atomwaffentests (davon ca. 622 oberirdisch) und der Anstieg des weltweiten Arsenals auf möglicherweise 70 000 Atomsprengköpfe sorgten für zusätzliche und trotz ihrer Assoziation mit einer gewissen paranoischen Struktur sehr gerechtfertigte Bedrohungsängste, die mit dazu beitrugen, das Grauen des zweiten Weltkrieges in der amerikanischen und europäischen Wahrnehmung verblassen zu lassen. Die Opfer eines perhorreszierten „nuklearen Holocaust“ waren nunmehr „wir alle“ und dieser globale Genozid hatte bereits begonnen: in Hiroshima und Nagasaki.