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a copyriot of Café Morgenland

Zur „Vorgeschichte“

Am 8. Mai XXXX fand in XXXX ein Konzert statt. Es spielten u.a. Musik-Bands wie „Blitz“ aus GB, eine beliebte Gruppe bei den Skinheads (Oi-Musik). Die Gruppe selbst versteht sich eher als links.
Als bekannt wurde, dass viele Skinheads aus dem Rhein/Main-Gebiet zu erwarten sind (rechte Fan-Blätter haben schon das Konzert zuvor propagiert), hat die MigrantInnen-Gruppe „Cafe-Morgenland im XXXX“ die Absage des Konzertes bzw. der Gruppe verlangt. Die stattgefundenen Auseinandersetzungen mit VeranstalterInnen, UnterstützerInnen und RaumverwalterInnen auf der einen Seite und Cafe-Morgenland auf der anderen, haben keinen Erfolg im Sinne einer Absage gehabt. Obwohl es bekannt wurde, daß in anderen Städten aus den gleichen Gründen (Skinheads-anlocken) die Konzerte mit „Blitz“ abgesagt wurden. Darauf hin hat das Cafe-Morgenland beschlossen, das XXXXX am 8. Mai zu besetzen, um das Skinhead-Fest zu verhindern. Die Besetzung selbst ist als ein zugespitztes Mittel der Auseinandersetzung verstanden worden. Bei der anschließenden Auseinandersetzung um die Besetzung hat aber die MigrantInnen-Gruppe jegliches Interesse verloren, etwas in diesen Zusammenhängen zu tun und die Besetzungsabsicht zurückgenommen. Gleichzeitig ist sie vorerst aus XXXX ausgezogen.
Am Freitag den 8. Mai hat dann das Konzert stattgefunden. Bis spät in der Nacht „spuckte“ die U-Bahn „Glatzen“ aus. Die meisten davon (etwa 150) waren keine Red-Skins (interessant vielleicht für die, die einen Unterschied machen wollen). Es war der größte Skinhead-Aufmarsch in Frankfurt. Noch ein Sieg im „antirassistischen-antifaschistischen Kampf“. Am 20. Mai fand eine offene Diskussion um diese Ereignisse statt.

Exzesse

(Diskussionsbeitrag)

Diese Kritik richtet sich nicht an eine bestimmte Gruppe, sondern insgesamt an die linksradikalen Zusammenhänge.

Ist die Konstruktion der Zukunft und das Fertigwerden für alle Zeiten nicht unsere Sache, so ist es desto gewisser, was wir gegenwärtig zu vollbringen haben, ich meine die rücksichtslose Kritik alles bestehenden, rücksichtslos sowohl in dem Sinne, daß die Kritik sich nicht vor ihren Resultaten fürchtet und ebensowenig vor dem Konflikte mit den vorhandenen Mächten.“ (Karl Marx, 1843)

Die Ereignisse um und am 8. Mai XXXX in XXX waren der Höhepunkt einer schleichenden Tendenz in der Linksradikalen Szene, die kurz nach dem Wiedervereinigungsschock eingesetzt hat.
Diese Tendenz wird gefüttert von einem Klima, in dem das Deutschtum zusammengeschweißt werden soll.
Deutschtum, das ist wie bezeichnenderweise mal beschrieben wurde „die Liebe zur Region, zum Kiez, zur Heimat, zu Volk und Vaterland, zum Boden und zur Muttererde, zur heimischen Artenvielfalt und zum deutschen Wald, zur Tradition, zu allem, was roh ist, häßlich aussieht, schlecht schmeckt, hart macht“.
Diese Tendenz wird gefüttert von einem Klima, in dem die Geschichte „siegesdeutsch“ umgeschrieben werden soll.
Deutschland ist nicht nur ein geographischer Begriff. Es ist längst ein ideologischer Kampfbegriff geworden. Dieses Land, jetzt in einer noch größeren Konstellation, birgt eine Gefahr in seiner Existenz, weil menschenverachtende Ideologien und Vernichtungsgedankengänge reproduziert werden.
Solange dieses Hindernis nicht überwunden ist, ist für die Menschen, die hier leben, eine emanzipierte Gesellschaft nicht denkbar.
Denn dies macht möglich, daß diese Population, die bis gestern noch Serben mit Sorben verwechselte, auf einmal klar den Feind erkannt hat.
Dies macht möglich, daß Gestern, der 68jährige ex-DDR-Bürger Gerhard Bögelein wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe von ein Hamburger Gericht verurteilt wurde. Er wurde für schuldig befunden, im Jahre 1947 im sowjetischen Kriegsgefangenenlager Klaipeda den früheren Oberstabsrichter Erich Kallmerten „aus Haß gegen die Nazijustiz“ umgebracht zu haben.

Zitat aus den Abschiedsbrief von Gerhard Riege, PDS-Abgeordneter, XXXX. „Sie werden den Sieg voll über uns auskosten. Nur die vollständige Hinrichtung ihres Gegners gestattet es ihnen, die Geschichte umzuschreiben und von allen braunen und schwarzen Flecken zu reinigen.“
Ist damit gemeint, dass dies für die linksradikale Szene zutrifft? Oh, nein. So einfach würde ich es mir nicht machen. Natürlich erhebt Ihr den Anspruch antifaschistisch und antirassistisch zu agieren. Aber die Nicht-Beschäftigung und die Ungenauigkeit mit dem deutscher Faschismus und Rassismus führt zu einem Mitmachen im Rahmen dieses Klimas.
Ihr fühlt Euch verantwortlich für die „verführten“ rechten Skinheads und Hooligans. Ihr fühlt Euch berufen, ihnen den richtigen Weg zu zeigen. Und wer sich so fühlt, benimmt sich auch entsprechend: Mitleid mit den Tätern, Verständnis für ihre Lage, Rechtfertigungen aller Art. Das ganze soziale Klimbim muss her. Schlimmer noch. Ohne es einmal zu merken, liefert Ihr Argumente unter welchen Bedingungen ein Kurde oder eine Iranerin Aggressionsobjekt sein darf. Zitat: „Die Unzufriedenheit ist der Boden der immer mehr hoffnungslose Jugendliche zu den Nazis treibt. Diese jungen Leute wären vorher eher nach Links tendiert und hätten im Klassenkampf ihre Rechte erkämpft anstatt sich, ohne sich dessen bewusst zu sein, den Schuldigen für ihre Situation, dem Kapital, durch ihr Handeln in die Hände zu spielen. Wir müssen sie wieder für uns gewinnen, indem wir real etwas anbieten, was jetzt schon greifbar sein muss, eine menschliche und solidarische Zukunft. Ein Großteil der Stiefelfaschisten ist unzufrieden mit ihrer Lebenssituation, beschissene Wohnung, kein Geld, keine Arbeit, keine Perspektive. Wie immer wird ein Sündenbock gesucht und gefunden, und auch von staatlicher Seite angeboten: die AusländerInnen. Aber nimmt der Kurde Arbeit weg, der mit 5-jährigem Arbeitsverbot als Flüchtling belegt ist, nimmt die Iranerin eine Wohnung weg, die im Wohncontainer haust usw. usw.“(Aus Antifa-Info Nr.XXXX)
Und wie läuft die Argumentation wenn der Kurde dies doch tut? Wie ist die Iranerin zu behandeln, wenn sie das Container-Dasein satt hat und sich eine Wohnung nimmt?
Warum kann in diesem Land nicht selbstverständlich sein, dass Menschen nicht zusammengeschlagen werden können, weil sie verdammt noch mal ein Lebensrecht haben. Einfach so. Ohne eine einzige Begründung. Merkt Ihr nicht, dass jede Begründung den Rassismus rechtfertigt?
Warum klammert Ihr Euch an diese Population? Was muss noch passieren? Seit dem Herbst XXXX und danach haben sich Straftäter, die auf Bewährung über XXXX Jahre agierten, als Wiederholungstäter entpuppt.
Solange diese Tatsache ignoriert wird, hat antirassistisches Handeln nur noch eine Alibi-Funktion.
Ihr erwartet die nationale Besoffenheit über Propaganda-Reden á la Göbels. Ihr erwartet, dass die Volksgemeinschaft durchs Brandenburger Tor marschiert. Wenn sie aber durch das Tor des Fußballstadions kommt, dann seht Ihr nur die proletarische Jugend.
Ihr erwartet den faschistischen und rassistischen Rausch mit Marschmusik und Horst-Wessel-Lieder. Wenn er aber über Fans von Blitz-Krieg-artigen Musik-Bands kommt, dann sind es nur dumme Jugendliche.

In der Geschichte vom 8. Mai XXXX waren die Rollen in gewohnter Weise verteilt.
Es gab diejenigen, die aktiv mitgemacht haben. Es gab diejenigen, die zugeschaut haben. Und es gab diejenigen die weggeschaut haben. Somit wurde das Ganze zu einer Sache zwischen einer sentimentalen, altmodischen MigrantInnen-Gruppe auf der einen Seite und deutschen VeranstalterInnen, UnterstützerInnen und RaumverwalterInnen auf der anderen Seite.
Schlimmer noch. Gruppen, die es bisher noch nicht geschafft haben, sich in irgendeinem Punkt zu einigen, standen uns gegenüber (besser gesagt sie umzingelten uns) mit einer Einheitsfront-Mentalität, die den Zustand für uns noch unerträglicher machte.
Als noch die Beschimpfungen und Androhungen hinzukamen, gabs keine Möglichkeit mehr als aufzugeben.
Ihr wart empört über unsere Unverfrorenheit, Euch zu unserem Treffen zu bestellen. Wo kommen wir denn hin. In Zeiten wo AusländerInnen in öffentlichen Verkehrsmitteln gezwungen werden für Deutsche aufzustehen, besaßen wir die Unverschämtheit Euch zu uns zu bestellen. In Zeiten wo Nichtdeutsche beim Bezahlen an der Kasse den deutschen Volksgenossen den Vortritt zu gewähren haben, haben wir uns geweigert zu Eurem Treffen zu kommen!
Wird nie wieder vorkommen. Denn das nächste Mal wird keine Diskussion weder vorher noch nachher stattfinden.
Euer Antifaschismus ist geschichts- und geschmacklos. Es war kein Problem für Euch am 1. Mai, in Wiedervereinigungsdemos mitzumarschieren, DGB-Motto: „Teilen Verbindet“. Genau an dem 50-sten Jahrestag des Aufstandes des Warschauer Gettos am 1. Mai 1942.
Es war für Euch kein Problem, am 8. Mai, am Tag der Befreiung von Hitler-Faschismus bzw. seines Zusammenbruchs, für Oi-thanasie-Anhänger Feste zu organisieren. Wie gesagt: Siegesdeutsch!
Für die Völker Europas und die Überlebenden von KZ’s und Vernichtungslagern war es aber das Datum wo Deutschland am sympathischsten erschien.
Ihr kennt Euch in allen Musik-Richtungen ziemlich gut aus. Ihr kennt die Unterschiede zwischen den verschiedenen Musik-Bands sehr genau. Das muß man Euch zugestehen. Aber Ihr kennt immer noch nicht den Unterschied zwischen Sobibor und Oi-Musik. Diese Unkenntnis ist das Fundament, auf dem die Geschichte zurzeit umgeschrieben wird.
Euer Antirassismus ist hülsen- und phrasenhaft. Ihr habt mühevoll versucht uns verständlich zu machen, wie Ihr uns – im Falle einer Besetzung – behandeln würdet. Warum aber um den Brei herum reden? Andere sind ehrlicher. „Ausländer klatschen“ heißt es doch auf Neudeutsch. Die einzige Frage, die ich dabei hätte, wäre nur wie Ihr es anstellen würdet: Mit oder ohne Hasskappe?

Ihr sagt, dass Ihr Euch von MigrantInnen nichts vorschreiben lasst.
Euer Autonomie-Verständnis und Euer Selbstbestimmungsanspruch wird uns aber langsam zu brenzlig. Er ist zu hemmungslos und somit gefährlich für uns geworden.
Gefährlich, weil wir uns in einer Situation befinden, wo alles wieder möglich ist. Wo Hetzjagd auf AusländerInnen und Flüchtlinge von einem Fußballspiel-Ergebnis abhängt. Jetzt wisst Ihr, warum sich einige von uns über das Endspiel am letzten Samstag zum Schluss doch noch gefreut haben.
Unsere Aufgabe ist und bleibt es, die Kosten für das Ausleben des Rassismus möglichst hoch zu treiben. Alles Weitere ist eine Sache der Logistik. Mit uns wird es in Sachen Rassismus keine aber wirklich keine Kompromisse geben. Weder ein bisschen Rassismus noch ein bisschen Skinheads.
Solange die Äußerung: „MigrantInnen gehen nicht in Räume rein, die nach Skinheads-Stiefel stinken“, mehr stört als diese Tatsache selbst (denn das ist der gewohnte Stallgeruch), solange werden wir mit den autonomen musikfreudigen Citoyens nur noch über unseren Geruchssinn reden.
Ihr müsst Euch endlich mal entscheiden: Entweder für Befreiung oder für Deutschland. Beides zusammen, das wird nie gehen!

Am nächsten Tag, nachdem die Show vorbei war, hat die Polizei die XXXXstr. abgeriegelt und Kontrollen ausschließlich bei ausländischen Jugendlichen durchgeführt. Die Kids waren wieder mal auf sich allein gestellt. Sie mussten selber gucken wie sie zurechtkommen. Wie immer. Jeden Tag, in der ganzen Stadt. Normalzustand in Deutschland.