queer: kongress in frankfurt am main

queer-kongress in frankfurt am main

Queer
beliebt
oder beliebig ????


Tagung am 13. und
14. November 1999
in Frankfurt/M.
In der Tagung „Queer – beliebt oder beliebig ????“ soll es um Fragen zur konkreten Ausgestaltung von ‚queer politics‘, darüber hinaus aber auch zur gesellschaftlichen Produktion von Sexualität und ‚Begehren‘ gehen. Dabei stellt sich die Frage nach der Problematik der Übertragung des Konzeptes ‚queer‘ auf den bundesrepublikanischen Kontext: Es entsteht die paradoxe Situation, daß sich ein in den USA in politischen Praxen gelebtes Modell in der BRD fast ausschließlich im akademischen Diskurs finden läßt.Gerade diese Paradoxie veranlaßte uns zu dem Versuch die akademischen Diskurse zu ‚queer‘ mit gelebten Praxen in Bezug zu setzen. Diese Punkte wollen wir nun zum Thema einer zweitägigen Veranstaltung machen, um sie breiter, expliziter und ideenreicher zu diskutieren. Den Hintergrund der kommenden Tagung ‚Queer – beliebt oder beliebig ????‘ bilden somit Fragen danach:

  • wer ‚queer politics‘ und ‚verqueere‘ geschlechtliche / sexuelle Arrangements gestalten kann,
  • und ob es bestimmte gesellschaftliche Voraussetzungen gibt, diese zu leben.

‚Queer politics‘

Samstag, den 13. November 1999

Corinna Genschel wird die Gegenüberstellung von ‚queer politics‘ und ‚Identitätspolitik‘ problematisieren. Ausgehend von einem Identitätsverständnis, das nicht nur die geschlechtliche, ethnische, sexuelle etc., sondern auch die politische Verortung umfaßt, wird sie Fragen nach dem Verhältnis dieser scheinbar festgelegten Politikformen

in Bezug auf den politischen Kontext und die politischen Ziele stellen. Ausgangspunkt bleibt, daß „Queer“ seine politische Sprengkraft nicht als neues (Des-) Identifikationsangebot entfaltet, schon alleine deshalb nicht, weil es so Gefahr läuft, als „Identität“ verdinglicht zu werden, sondern als Methode kritischer Reflexion von Politik und Theoriebildung innerhalb jeweils konkreter politischer Verhältnisse.

Volker Woltersdorf und Nancy Nüchtern wollen in ihrem Vortrag auf schwule Identität in den Begriffen der Ideologie-Kritik eingehen und Vorschläge für politische Ziele und Handlungsmöglichkeiten nach dem Ende dieser Identität entwickeln.

Mit Althusser wird die Subkultur als ideologischer („Staats“) Apparat verstanden, der Praktiken und Rituale der Anrufung bündelt. Die (kapitalistische) Ökonomie dieses Apparates und seine (z.B. juristisch fixierte) Struktur haben in seinem „Produkt“ ’schwule Identität‘ deutliche Spuren hinterlassen.

Identitatskritik lässt sich in politisches Handeln umsetzen, wenn die materiellen Bedingungen der Identitätsproduktion ebenfalls kritisiert werden. Der Vortrag soll auch Beispiele für anti-identitäre Politik vorstellen und diese kritisch würdigen.

Nico Beger wird sich mit der Beziehung von ‚queer politics‘ zu offiziellen Politikstrukturen befassen. Von Interesse ist dabei, ob sich hier zwei konkurrierende Politikmodelle gegenüberstehen, die sich nicht einfach verbinden / ergänzen können. Drei Geschichten aus dem Leben gegriffen sollen die Problematik und die unlebbaren Brüche illustrieren, um diese dann theoretisch zu kontextualisieren und somit das Dilemma oder die Dynamik des Zusammenspiels von Kritik und politischer Praxis herauszuarbeiten. Nico Beger wird versuchen die Spannung, wenn auch nicht aufzulösen, so doch fruchtbar zu machen, durch eine Anwendung des Konzepts von Hybridität.

Encarnacion Gutierrez-Rodriguez und Maria del Mar Castro Varela werden sich den Paradoxien von sexual politics im Kontext von Asyl und Migration zuwenden. Seit 1992 unterscheidet die EU zwischen EU-BürgerInnen und sogenannten Drittstaatenmitgliedern. In den feministischen und queertheoretischen Ansätzen finden diese Ereignisse keine Berücksichtigung. Es wird nicht gefragt, wenn allgemein von „Frauen“, „Lesben“, „Schwulen“ die Rede ist, in welchem geographischen Kontext diese eingebettet sind. Vor diesem Hintergrund wird in dem Vortag der Blick auf eine Gruppe von „Frauen“ gerichtet, die zu mehreren gesellschaftlichen Achsen quer zu liegen scheint: die Gruppe der im Exil und in der Migration lesbisch lebender Frauen.

‚Begehren‘

Sonntag, den 14. November 1999

Birgit Wartenpfuhl wird in ihrem Vortrag mit der Organisation von Begehren im Kontext gesellschaftlicher Machtverhältnisse befassen. Daran wird sich die Frage anschließen, inwieweit queer, als ein kritischer Begriff, mit dem gerade versucht wurde, essentialistische, psychologistische, wesenmäßige oder natürliche Zuschreibungen und Festlegungen von Begehren zurückzuweisen, auf einer latenten Ebene doch wieder mit der Vorstellung einer authentischen sexuellen Orientierung und Begehren verbunden ist.

In diesem Zusammenhang gehört auch die Frage, inwieweit es mit queer gelungen ist, Identitätspolitiken zu verlassen und die Konstruktion von Begehren immer nur als kontextgebunden zu begreifen.

Paula-Irene Villa wird sich anhand einer kritischen Lektüre von Judith Butler auf gesellschaftstheoretische bzw. soziologische Defizite in den Erklärungen zum Verhältnis Körper-Sexualität-Subjektivität konzentrieren (wer spricht worüber zu wem?). Sie wird sich dabei folgenden Fragen widmen:

Welches sind die Logiken des Denkens, Sprechens und Agierens, die uns zumuten, nur eine substantielle Identität zu haben? Und warum muß Identität (ob sexuell, geschlechtlich, ‚ethnisch‘ etc.) ausschließend sein, d.h. letztendlich gebettet in Dualismen, die sich gegenseitig definieren? Der Vortrag soll sich mit einigen Binaritäten beschäftigen, bei denen der Körper gleichsam zwischen die Fronten geraten ist: Natur vs. Kultur; Sprache bzw. Diskurs vs. Materialität; Konstruktion vs. Authentizität und andere. Wie das genau zu verstehen ist und was das für Identitätspolitik und eigene Lebensentwürfe bedeutet, soll aus körpersoziologischer Perspektive ausgeleuchtet werden. Antke Engel wird sich in ihrem Vortrag mit Begriffen wie Intelligibilität und Nicht- Intelligibilität auseinandersetzen und die damit verbundenen politischen Implikationen herausarbeiten. Im Vortrag werden somit folgende Fragen eine Rolle spielen: Ist der Gegensatz zum Repräsentierten wirklich das Nicht-Repräsentierbare? Wo sind Spielräume innerhalb kultureller Wahrnehmungs- und Darstellungsmuster und Chancen für veränderndes Eingreifen in die Regeln und Mechanismen der Repräsentation gegeben? Die Tagung ist so strukturiert, daß nach jedem Vortrag im Plenum vertiefende Arbeitsgruppen stattfinden, in denen Raum für Diskussionen sein wird. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppen sollen zum Tagesabschluß im Plenum zusammengetragen werden.

Am Samstagabend werden uns Claudia Krüger und Nykra Kalaschnikowa – auch bekannt als die ‚Bösen Tanten‘ – eine amüsante und denk-würdige Vorstellung geben und das zu freiem Eintritt.

Wegen begrenzter TeilnehmerInnenzahl ist eine vorherige Anmeldung zur Tagung dringend notwendig.

Die Teilnahmegebühr beträgt 100,- / 70,- (erm.) DM für beide Tage oder 80,- / 60,- (erm.) DM für einen Tag. Darin sind jeweils ein Buffet pro Tag enthalten. Übernachtungsmöglichkeiten für TeilnehmerInnen können wir nicht organisieren, wir bemühen uns aber bei Anfragen, private Schlafplätze oder Pensionen / Hotels zu vermitteln. Nach Eingang der Teilnahmegebühr erhaltet Ihr von uns eine Bestätigung mit weiteren Informationen. Wer mit dem Rolli kommt, sagt bitte vorher Bescheid. Falls Ihr noch Fragen habt, wendet Euch bitte an unten angegebene Adresse. Anmeldung bitte schriftlich bei:
‚queer‘-AG
c/o Autonomes FrauenLesbenReferat
im ASTA Uni Frankfurt/M.
Mertonstr. 26-28
60325 Frankfurt/M.
oder per e-mail: queer@copyriot.com
Hiermit melde ich mich verbindlich zur Tagung
‚Queer – beliebt oder beliebig?????‘
am 13./14.11.1999 in Frankfurt/M. an.

für den 13. + 14.11.1999
für den 13.11.1999
für den 14.11.1999

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Telefon: ______________________________


Den Teilnahmebetrag habe ich auf das
Konto 657 439 600,
Postbank Frankfurt/M., BLZ 500 100 60 überwiesen.

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