Die Melancholie des Boxens – ein Selbstversuch.

Fällt euch auch auf, wie ich selbstverloren kaum in der Lage bin, meine Gegner_in zu fixieren, und stattdessen Ausflüchte auf dem Boden suche? Ist Boxen eine Reise ins Ich? Na wer hätte das gedacht, war ich immer davon ausgegangen, dass Boxen eine der dämlichsten Sportarten ist, in der sich die Gewaltverhältnisse dieser Gesellschaft manifestieren und ihren unverstelltesten Ausdruck annehmen. Gewalt, die zur Unterhaltung und Erbauung eines Publikums dienen soll, lehnte ich zumindest als Rezipientin eines eh schon verloren geglaubten Fernsehprogramms ab. Nun aber war ich inmitten des Workshops „Boxen statt Botoxen“ im Rahmen des Gender-Happenings des Gunda-Werner-Instituts geraten – ausgerichtet von den boxgirls Berlin, insbesondere Sarah Bitterling, die uns zusammen mit Elizabeth Adiambo von den boxgirls Nairobi nicht nur auf der Terrasse vor der Heinrich-Böll-Stiftung mit Jeans und unpassendem Schuhwerk einheizte, sondern uns in die Techniken des Boxens einweihte. Dabei wurde mir klar, dass es sich beim Boxen nicht nur darum handelt, der Partner_in (und wohlweislich nicht Gegnerin) eins auf den Punkt zu geben, sondern empowernd dadurch wirkt, sich effektiv zu schützen. Boxen als Verteidigung hatte zudem bei mir nach den ersten Minuten tatsächlich eine befreiende Wirkung, insofern sich Energien freisetzen, von denen ich noch nicht einmal wusste, dass sie vorhanden sind. Und auch wenn solch merkwürdige Kategorien wie Schönheit keine Rolle spielen sollten, ist Boxen scheinbar eine sehr produktive Sportart, ganz bezaubernde Waden zu bekommen. Kurzum Boxen im Selbstversuch hat mich einiges über mich selbst, aber auch eine Sportart erfahren lassen, die, wird sich nicht kommerzialisiert ausgeübt, durchaus ein selbstermächtigendes – und das sei hier noch gesagt, ganz und gar nicht melancholisches Gefühl – hinterlässt.

Wer dem (keinen) Glauben schenkt, solle es selbst ausprobieren: http://www.boxgirls.org/