Pünktlich zum Auftritt Obamas in Europa und seiner erneuten Ankündigung, mehr europäische Unterstützung in Afghanistan einzufordern, sickert durch die Medien, dass Karzai ein Familiengesetz für Schiiten unterschrieben hat, welches die sexuelle Ausbeutung der afghanischen Frauen gesetzlich legitimiert. Zufall?
Folge: „Entsetzen im Westen“ (TAZ)
Ohne bagatellisieren zu wollen, dass Frauen in Afghanistan, Schweden oder Amerika Opfer sexualisierter (Ehe)Gewalt waren und sind, überkommt mich in Anbetracht der Instrumentalisierung von Frauenrechten für die Legitimation kriegerischer Interventionen ein mulmiges Gefühl.
Könnte es nicht sein, dass im juridischen Sprechen über Weiblichkeit, die afghanischen Frauen wiederholt diskurisv viktimisiert werden, um Rassismus artikulieren zu können? Afghanische Frauen als Repräsentantinnen von Nation werden als Opfer imaginiert, um imperialistische Gewalt mit menschenrechtlichem Antlitz ermöglichen zu können. An vorderster Front: Angela Merkel, die trotz ihrer plötzlichen Präsenz in Afghanistan, Karzai symbolisch das Gespräch verweigert, wird plötzlich zur Feministin und setzt, die USA im Rücken, Karzai unter Druck.
In einem Moment der Krise, nämlich anerkennen zu müssen, dass die westlichen Interventionen, die Taliban gestärkt haben und dass Karzai als Schachfigur in diesem traurigen Spiel umfällt, wird wiederum der Kampf um Frauenrechte mobilisiert, um Konsens für die Notwendigkeit zu schaffen, westliche Werte fantasierter Geschlechtergerechtigkeit zu exportieren. Der Spiegel hilft nach und ruft Topoi westlicher Zivilisierung auf, um „mittelalterlichen“ Zuständen in Afghanistan beizukommen. Die Burka dient dabei einmal mehr als Referenz im Text und im Bild für die Unterdrückung der Frauen, wobei sich fragen ließe, ob nicht die westlichen Erleuchter_innen ihrem Zwang, Sehen=Wissen zu wollen, unterworfen sind.
Ohne eine Kausalität zwischen der Afghanistan-Konferenz, dem Besuch Obamas und dem Gesetz herstellen zu wollen, sollten dennoch alle Menschen- und Frauenrechtler_innen Obacht geben, nicht nur noch als Objekte zu handeln oder sich manipulieren zu lassen für einen wahnwitzigen Krieg, der weder etwas mit Feminismus noch mit Befreiung zu tun hat. Stattdessen geht es um eine postkoloniale Unterwerfung.