Berlinale-Review: „The Owls“ von Cheryl Dunye

Die Eule als ein gemütlich wirkendes Tier, das Ruhe und Besonnenheit auszustrahlen in der Lage ist, steht als Metapher über dem neuen Film von und mit Cheryl Dunye (Watermelon Women) und lässt sich auf die in die Jahre gekommene Gruppe lesbischer Frauen übertragen. Rockten sie einst die Bühnen, pflanzen sie nunmehr Tomaten an, beschäftigen sich mit der Fortpflanzung und huldigen aus Gewohnheit und Frustration dem Alkohol. Wie die Eulen leben sie im nächtlichen Schatten ihres eigenen Lebens. Cheryl Dunye vollzieht mit diesem Film die Wendung einer einst politisch motivierten Frauen- und Lesbenbewegung hin zu einem privatisiert-individualisiertem Lebensstil sich verbürgerlichender Frauen zwischen Garten, Küche und Selbstbefriedigung nach und setzt allein mit der Trans*Person Cricket einen Akzent sich verschiebender Paradigmen im Kosmos schwul*lesbischer Lebensweisen. Mit dem Auftauchen und mysteriösen Verschwinden von Cricket gerät das Leben der vier Frauen in Form des Erscheinen Sky`s als Alter Ego aus den Bahnen. Zwischen den sich auflösenden Grenzen von Innen und Außen, Sehen und Gesehenwerden gehen sie verloren im buchstäblichen Sinn, da sich der Film als ein Thriller im Genre des psychologischen Dramas der 1960er Jahre wie z.B. Killing of Sister George auflöst. Unabhängig davon, ob mensch diese Bezugnahme gelungen findet oder nicht, versucht der Film auch aufgrund der im Kollektiv entstandenen und nicht auf eine Einzelperson rückfahrbare Produktion Kategorien aufzuweiten und miteinander in Relation zu bringen. Somit geht der Film über das reine Bekennungsmoment sexueller Identität hinaus und erzählt von der Komplexität queeren Lebens.