Indeterminate! Revolution.

Kongress zum Revolutionsbegriff. 27.-19.11. in Frankfurt am Main

„Wir brauchen eine neue Revolution!“ heißt es gegenwärtig in einem TV-
Werbespot eines großen Automobilherstellers. Die Firma Dacia lässt
Marx, Che und Fidel auftreten, die sich aber nicht für die Enteignung
der Bourgeoisie, sondern für mehr Fahrkomfort einsetzen. Man kann das
als Zeichen für vieles sehen – Ent- oder Repolitisierung, Ausverkauf
oder neue Kreativität, vor allem zeigt der Spot aber, dass der
Begriff der Revolution von seiner Faszinationskraft auch nach mehr
als 200 Jahren nach dem Sturm auf die Bastille nichts eingebüßt hat.
Kaum ein anderer Begriff hat die Geistesgeschichte in den letzten
beiden Jahrhunderten so stark geprägt wie der Begriff der Revolution:
Es gibt soziale und politische, künstlerische und wissenschaftliche,
industrielle und technische, modische und sexuelle Revolutionen. Die
Möglichkeit der Revolution garantiert die Möglichkeit der Freiheit
und der Emanzipation: Das Vorgefundene ist nicht gottgegeben oder
natürlich, sondern kann verändert werden. Auf der anderen Seite haben
revolutionäre Umwälzungen, insofern sie das soziale Leben betrafen,
immer wieder Exzesse der Gewalt und der Zerstörung, des Terrors und
des Leids mit sich gebracht. Wenn aber die Welt dennoch nicht einfach
so akzeptiert werden soll, wie sie ist, dann stellt sich die Frage,
auf welche Weise die Gesellschaft insgesamt verändert werden kann,
ohne die Fehler traditioneller Konzepte von Revolution zu
wiederholen. Dafür muss nicht nur über die Form des Neuen nachgedacht
werden, sondern auch darüber, wie dahin zu gelangen ist.

Der Kongress will künstlerische, theoretische und politische
Bearbeitungen des Begriffs der Revolution zusammenbringen. In Form
von Vorträgen, Filmen, Konzerten, Lectures und vorallem in Workshops,
soll ein Aktualisierungsversuch des Begriffs Revolution unternommen
werden. Dabei steht Revolution als Platzhalter und Chiffre, soll aber
trotzdem nicht von seinen allgemeinen historischen Implikationen und
auch nicht von einer aktueller Relevanz für linke Praxen im
Besonderen losgelöst diskutiert werden. Als eine der größten
Schwierigkeiten bei der Beschäftigung mit Revolution erscheint die
Frage danach, wie sich ihre verschiedenen Ebenen und Momente –
beispielsweise Politik, Ökonomie, Kunst, Kultur, Alltag – zusammen
denken lassen. Denn nur so kann auch der Gefahr eines
reduktionistischen Hauptwiderspruchsdenkens entgangen werden, bei dem
die Kategorien von Staat und Kapital die alleinigen strukturierenden
Elemente vieler Diskussionen sind und damit auch andere Perspektiven
determinieren.

Der Kongress könnte ein Forum sein kritisch über Spannungsfelder,
Grenzen und Möglichkeiten der Revolution nachzudenken. Was kann das
Konzept Revolution heute noch bedeuten? Welche Formen von Revolution
gibt es eigentlich? Wie grenzen sich diese von anderen Weisen
sozialer Veränderungen wie der Reform oder der Subversion ab? Worin
unterscheidet sich die Revolution von der Utopie? Gibt es eine
spezifische Zeitlichkeit von Revolution? Was passiert danach? Wie
können wir über historische Revolutionen sprechen und nachdenken und
lassen sich diese aktualisieren? Ist Revolution im Angesicht der
„Trümmer der Vergangenheit“ überhaupt noch denkbar? Wohin mit den
scheiternden Revolutionen? Wie kann man über das Leid und den Terror
vergangener Revolutionen sprechen, ohne das in ihnen entfachte
Begehren nach einer ganz anderen Welt zu diskreditieren? Wie ist das
Verhältnis von Revolution und Gewalt? Ist eine Revolution ohne Gewalt
überhaupt denkbar? Braucht Revolution eine Avantgarde? Wer ist das
revolutionäre Subjekt? Welche Rolle spielen vergangene Revolutionen
in der Theoriebildung und politischen Praxis heute? Wie wurde und
wird der Begriff der Revolution theoretisch diskutiert? Was wird
heute unter revolutionärer politischer Praxis verstanden?

Indeterminate! verstehen wir als Aufruf, Unhinterfragtes zu
hinterfragen – als Möglichkeit, den Begriff von Revolution selbst zu
revolutionieren.

Workshops und Vorträge zu Gewalt- Spanien 1936- Kulturrevolution-
Radikalität & Extremismus- Hegemonie- Postkolonialismus – Spektakel-
Reform- Alltag- Räte- Politische Bildung- Souveränität-
Küchenkommunismus- Organisationsfrage- Revolutionäres Subjekt –
Science Fiction- Sex — frei nach Marx- Deleuze- Arendt- Lenin &
Zizek- Holloway- Hardt & Negri- Debord- Bakunin- Benjamin- Comité
Invisible

Filme: Aelita, die Königin des Mars (1924)- Hölle Hamburg (2007)
(unter Anwesenheit des Regisseurs Ted Gaier)

Konzert: Dusty Blinds (Powerpop / Indie, Amsterdam)- Pony Pac
(Punkpop, Amsterdam) (organisiert von Ladyfest ffm)

Lesung mit Bini Adamczak

Veranstaltet von DemoPunK e.V. undt The New Group

Gefördert durch Rosa-Luxemburg-Forum Hessen- AStA der Goethe-Uni
Frankfurt- Fachschaftenkonferenz der Goethe-Uni Frankfurt- Fachschaft
03 Gesellschaftswissenschaften an der Goethe-Uni Frankfurt

Ort: Institut für vergleichende Irrelevanz (IVI)- Kettenhofweg 130-
Frankfurt am Main

Infos und Programm: http://indeterminaterevolution.blogsport.de/