Schwerpunktthema: israelbezogener Antisemitismus
Bereits seit 2004 organisiert die Amadeu Antonio Stiftung die bundesweiten Aktionswochen gegen Antisemitismus in den Wochen rund um den 9. November. Das Ziel dieser Initiative ist es, an vielen Orten gleichzeitig ein breites Spektrum von Veranstaltungen gegen Antisemitismus zu organisieren, zu vernetzen und Diskussionen über verschiedene Facetten des Problems zu initiieren. In diesem Jahr wollen wir einen inhaltlichen Schwerpunkt setzen: Im Mittelpunkt der Veranstaltungen soll das Thema israelbezogener Antisemitismus stehen.
Mit Ende des Nationalsozialismus und der Gründung des Staates Israel haben sich die Formen des Antisemitismus verändert, oft steht Israel im Fokus antisemitischer Anfeindungen. Dabei werden gängige antisemitische Muster auf Israel übertragen, besonders deutlich wird dies in der Aberkennung des Existenzrechts oder in Vergleichen, mit denen das staatliche Handeln Israels mit den nationalsozialistischen Verbrechen an Juden gleichgesetzt wird. In sozialpsychologischen Untersuchungen zeigt sich, dass israelfeindliche Aussagen besonders hohe Zustimmung erhalten, so stimmen 68,3%, also über 2/3 der Befragten in der Heitmeyer Studie „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ von 2004 der Aussage zu, Israel führe ein Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser. Der Aussage „Was der Staat Israel heute mit den Palästinensern macht, ist im Prinzip auch nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben“ stimmten über die Hälfte der Befragten zu.
Diese antisemitischen Einstellungen spiegeln sich nicht nur in empirischen Studien, sondern auch in körperlichen Angriffen auf Juden und Israelis wider. So wurde im Juni diesen Jahres in Hannover eine jüdische Tanzgruppe von Jugendlichen mit Steinen angegriffen und vor kurzem zwei Israelis in Berlin vor einer Disko verprügelt.
In unserer Arbeit stellen wir immer wieder fest, wie wenig es ein Bewusstsein für israelbezogenen Antisemitismus gibt. So rief jüngst eine Journalistin bei der Stiftungsvorsitzenden Anetta Kahane an, um sie zu einem Vorfall in Sachsen-Anhalt zu interviewen, bei dem ein Jugendlicher zusammengeschlagen wurde und dabei Parolen gerufen wurden wie „Du Scheiss-Jude, verpiss dich“ und ähnliches. Die Journalistin wollte von Frau Kahane ernsthaft wissen, ob das schon Antisemitismus sei oder nicht, immerhin war das Opfer doch Israeli, sei das denn dann auch Antisemitismus?
In diesem Jahr waren solch beschriebenen Anfeindungen insbesondere im Zusammenhang mit der sogenannten Gaza-Flotille präsent. Die Amadeu Antonio Stiftung sieht einen dringenden Bedarf, sich dem Thema anzunehmen und zu erörtern, wie dieser Spielart des Antisemitismus sinnvoll entgegengetreten werden kann. Die Veranstaltungen im Rahmen der Aktionswochen können verschiedene Formate haben: Denkbar sind Filmvorführungen, Lesungen, Vorträge, Ausstellungen, Diskussionsrunden. Inhaltlich bieten sich Veranstaltungen an zu den Themen: Antisemitismus und Antizionismus, Israelbild in der Medienberichterstattung, antisemitische Projektionen auf den Nahostkonflikt oder über die Fragestellung, wann aus Kritik an Israel ein antisemitisches Ressentiment wird. Der Kreativität unserer Partner und Partnerinnen bei der Konzeptionierung von Veranstaltungen sind dabei kaum Grenzen gesetzt.
In 2009 wurden 231 Veranstaltungen in 75 Orten der neuen und alten Bundesländer organisiert. Auch dieses Jahr wird es rund um den 9. November, dem 72. Jahrestag der Pogromnacht von 1938, eine Vielzahl von Veranstaltungen zu historischen und vor allem zu zeitgenössischen Formen des Antisemitismus geben, insbesondere aber zum diesjährigen Schwerpunktthema.
Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt die Initiativen bei der Ideenfindung, Realisierung und Durchführung der lokalen Veranstaltungen, sowie mit breiter Öffentlichkeitsarbeit. Zum Auftakt der Kampagne findet eine Pressekonferenz statt und es wird ein Plakat geben, auf dem alle Partner und Partnerinnen genannt sind. Die einzelnen Veranstaltungen werden auf der Website der Amadeu Antonio Stiftung aufgelistet, so dass Interessierte sie leicht finden können.
Die Stiftung möchte den bisherigen Erfolg fortsetzen und neue Partnerinnen und Partner hinzugewinnen, die die Aktionswochen aktiv mitgestalten und damit einen Beitrag zur Bekämpfung des Antisemitismus leisten. Daher möchten wir Sie und Euch ganz herzlich einladen, sich an den Aktionswochen gegen Antisemitismus 2010 zu beteiligen. Falls Veranstaltungen, ob zum Schwerpunktthema oder zu anderen Facetten des Antisemitismus schon stehen, in Planung sind und/oder ein Interesse besteht sich an den Aktionswochen zu beteiligen, würden wir uns über eine Rückmeldung freuen.
Amadeu Antonio Stiftung
http://www.amadeu-antonio-stiftung.de