Ein Schüler Max Horkheimers, Heinz Mauss, wäre womöglich 100 geworden. Zu diesem Anlass fanden sich in Marburg zur Tagung „Zu Traditionalität und Aktualität Kritischer Theorie“ fast 120 Menschen ein. Allein dieses doch gewaltige Interesse unterschied diese Tagung von dem geläufigen kulturindustriellen Betrieb an den Universitäten.
Zwischen ritualisierten Abläufen formierte sich die Mehrzahl der Vorträge zu Bewerbungsgesprächen einzelwissenschaftlicher Berufsphilosophen, im Monolog unfähig zur Reflexion auf die Bedingungen des eigenen Faches, seiner Vereinzelung, der Verarmung des Gedachten und des Jargons. Das insbesondere am zweiten Tag dominierende hölzerne Eindreschen auf das Publikum mit lustlos bis ärgerlich vorgelesenen Auszügen aus künftigen oder vergangenen Habilitationsschriften lies einen allerdings Adorno noch höher schätzen. Seine Viskosität in Sprache und Denken, sein in Vorlesungen, Vorträgen und noch in den dunkelsten Stellen seiner Bücher aufleuchtendes intimes Interesse an Gegenständen sowie am zeitweise verschwundenen und in der BRD partiell wieder gefunden geglaubten Adressaten wurde durch die selbstreferentielle Monotonie der Vortragenden nur gegenwärtiger. Merkwürdig gebannt horchten dennoch einige, konsterniert andere Stunde um Stunde, stumme Schwämme, kein Laut des Protests oder gar Unverständnisses gegen das, was sich hier in seiner philosophischen Gestalt manifestierte.